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Mini-Hunde gross im Trend

Mini-Hunde gross im Trend

Fast jeder zweite Hund in der Schweiz gehört heute zu den «Mini-Rassen». Was macht die Kleinen so beliebt? Was unterscheidet sie in der Haltung von den Grossen? Welche Gemeinsamkeiten haben sie? Das Schwerpunkt-Thema der «Hunde»-Ausgabe 07/2022 zusammengefasst.*

Mini-Rassen» haben in den letzten Jahren in der Schweiz enorm an Popularität zugelegt, wie ein Blick in die Datenbank der «Identitas AG» zeigt. Waren 2016 rund 210’000 kleine Hunde registriert, sind es im August 2022 bereits über 250’000. Bedeutet bei einer Gesamtpopulation von aktuell rund 550’000 Hunden in der Schweiz: Fast jeder zweite Hund ist ein «Mini».

Diese Entwicklung bestätigt auch jene Statistik der «Identitas», die den Bestand «nach Hundetypen» erfasst. Die meisten Zwerghunderassen zählen zu den Begleit- und Gesellschaftshunden. Auch dort ist die Kurve im Steigen begriffen. Und ein Blick in eine weitere Statistik zeigt: Als Rassen mit den grössten Populationen werden (neben Labrador und Golden Retriever, Border Collie und Deutschem Schäferhund) Chihuahua, Yorkshire Terrier, Jack Russell Terrier, Zwergpudel, Französische Bulldogge und Zwergspitz aufgeführt.

Allerdings widerspiegelt sich dieser Trend nicht unbedingt in den Wurfstatistiken der Rasseclubs, die unter dem Dach der Schweizerischen Kynologischen Gesellschaft züchten. Im Gegenteil: Aus den Zahlen des Kleinhunde Clubs Schweiz, der 15 Mini-Rassen betreut, geht hervor, dass 2011 total 31 Chihuahua-Würfe (2021: 9), 10 Mops-Würfe (2021: 3) und 32 Yorkshire-Terrier-Würfe (2021: 20) gefallen waren.

Und wenn er noch so süss ist: Auch ein Minihund ist ein Hund und sollte mit der nötigen Vorsicht auch den Umgang mit grossen Hunden lernen sowie richtig sozialisiert und erzogen werden - «sonst können auch die süssen Kleinen zu richtig grossen Tyrannen werden.»

Sorgen der Rasseclubs

Ivo Beccarelli, Präsident des Kleinhunde Clubs Schweiz, hat eine Erklärung. Er sagt: «Kleinhunde sind nach wie vor gefragt. Allerdings werden viele Tiere der von uns betreuten Rassen ohne Stammbaum aus dem Ausland importiert, leider zum Teil auch durch illegalen Welpenhandel.» Zudem bestehe eine starke Tendenz zu so genannten «Designerhunden». Darunter versteht man das bewusste Kreuzen zweier Rassen wie beispielsweise Malteser und Pudel, woraus dann der «Maltipoo» resultiert. All diese Kreuzungen sind keine von FCI und SKG anerkannten Rassen und tauchen darum in den Statistiken der Rasseclubs nicht auf.

Natürlich hat hier auch die Corona-Pandemie einen wesentlichen Einfluss gehabt. Dass sich zahlreiche Menschen infolge Home-Office einen Hund angeschafft haben, darüber wurde in den Medien bereits mehrfach berichtet. «Auch wir haben das gespürt; die Nachfrage nach Bullys ist in den Jahren 2020 und 2021 nochmals enorm gestiegen», sagt Gaby Heimann, Präsidentin des Schweizerischen Clubs für Französische Bulldoggen.

2021 sind in den Zuchtstätten des Rasseclubs 91 Bully-Welpen in 26 Würfen aufgezogen worden – gemäss Tierstatistik der «Identitas» waren per Ende August dieses Jahres aber total knapp 16’000 Bullys in der Schweiz gemeldet. Der Anteil der Tiere mit FCI-Stammbaum dürfte da geschätzt nur etwa einen Zehntel ausmachen, was Gaby Heimann bestätigt. Sie sagt: «Unsere Züchterinnen und Züchter produzieren Welpen nicht auf Bestellung. Je nach dem müssen Interessierte etwas länger warten. Wer das nicht kann oder will – und leider ist das bei den meisten der Fall -, der bestellt sich dann halt schnell einen Hund im Internet.»

Das gleiche Schicksal hat auch den Zwergspitz (Pomeranian) ereilt. In den sozialen Medien ist der kleinste Vertreter des Deutschen Spitzes in den letzten Jahren vermehrt als Begleiter von Influencern in Erscheinung getreten. Der grösste Teil der in der Schweiz lebenden «Poms» stammt aus dem Ausland, wie Kathrin Glöckler, Zuchtwartin im Spitz-Club, bestätigt. «Die Anzahl der Import-Zwergspitzen ist wegen Corona enorm gestiegen. Die wenigsten dieser Hunde wurden ins Schweizerische Hundestammbuch eingetragen.»


Fachhandel passt sich an

Mittlerweile gibt es im Fachhandel diverse Hundesport-Utensilien auch für kleine Rassen – Apportierhölzer beispielsweise. David Krenger, Geschäftsführer des «Petcenters.ch», sagt: «Vor allem online, aber auch in unserem Laden in Niederbipp können wir feststellen, dass die Nachfrage nach Artikeln für kleine bis mittelgrosse Hunde stetig zunimmt. Dies vor allem im Bereich Halsbänder, Geschirre, Tragetaschen, Transportboxen sowie Futter» So würde er regelmässig Anfragen für Hundegeschirre für sehr kleine Hunde erhalten. Krenger: «Da ist es gar nicht so einfach, etwas Passendes, da viele gängige Modelle bei der Grösse S oder XS aufhören.»

Rolf Boffa, Geschäftsführer von «Qualipet», sagt: «In den letzten Jahren sind zahlreiche Artikel für kleinere Hunderassen entwickelt worden. Genaues Zahlenmaterial, um diese Welle belegen zu können, liegt uns aber nicht vor.» Bei den Non-Food-Artikeln falle auf, dass «Mänteli» deutlich mehr für kleinere Hunde gekauft werden als für grosse – «ebenso Transport-Utensilien wie Taschen, Körbe – bis hin zum Kinderwagen, der für Hunde umfunktioniert worden ist.»

Ein Umstand, den die Rasseclub-Verantwortlichen kritisch sehen. Kathrin Glöckler sagt: «Die Rasse «Handtäschli-Hund» existiert nicht. Auch ein Zwergspitz möchte gerne wie ein Hund behandelt werden, sprich auf seinen eigenen vier Beinen laufen und rennen.» Eine Beobachtung, die Doris Kapferer, Zuchtbeauftragte des Schweizerischen Pudelclubs, teilt: «Leider werden viele Zwerghunde von klein auf getragen und lernen dadurch nicht, wie sie sich als Hund zu verhalten haben.» Kleine Hunde sollten – natürlich mit der nötigen Vorsicht – auch den Umgang mit grossen Hunden lernen und richtig sozialisiert und erzogen werden – «sonst können auch die süssen Kleinen zu richtig grossen Tyrannen werden.»

*Auszug aus dem Artikel «Auch kleine Hunde können grosse Tyrannen werden» von Ursula Känel Kocher. Den ganzen Artikel sowie weitere Themen wie Neurologische Probleme bei kleinen Rassen können Sie in der «Hunde»-Ausgabe 07/2022 nachlesen. Ein eigenes Abonnement oder eine Probenummer erhalten Sie hier: hunde.rubmedia.ch